Um mich herum treten gerade viele Leute in eine neue Lebensphase ein. Sie bauen. Oder kaufen. Manche haben erst ein Kind bekommen oder zwei und dann geheiratet und schlagen jetzt Wurzeln. Die Vorsichtigeren, die Planer, machen es umgekehrt und fangen mit dem Hausbau an, das Kinderzimmer ist vorgesehen.
Plötzlich gerate ich in Runden, in denen über Drempelhöhen gefachsimpelt wird; Fliesenkataloge liegen zur Lektüre aus; Erfahrungen mit Kreditvermittlern werden verschwörerisch ausgetauscht, Kinder in nahegelegenen Reiterhöfen schon mal angemeldet; Berichte von in Küchenstudios verbrachten Wochenenden kursieren.
Ich höre zu, beglückwünsche, wo es angemessen scheint, und wundere mich, wie fern mir das alles ist. Bin ich ein klitzekleines bisschen amüsiert oder in Wahrheit ein klitzekleines bisschen neidisch? Wie es sich wohl anfühlen würde, derart Wurzeln zu schlagen, voller Vertrauen darauf, dass das weitere Leben in genau den Bahnen und auf genau den Bodenfliesen verlaufen wird, die man jetzt gerade auswählt? Ist meine Beschäftigung mit den Großen Fragen in Wirklichkeit nur ein Ausweichmanöver, weil ich mit der Planung einer Küche für den Rest meines Lebens schlicht überfordert wäre? Das Gefühl nicht ertragen könnte, mit meiner Unterschrift auf einem Kreditvertrag mindestens eines meiner Beine auf Jahre im Rachen eines Hais festzubinden?
Vielleicht sollte ich es ausprobieren, mir einen Lottoschein kaufen, das fehlende Geld gewinnen und mich auch sesshaft machen. Ein krummes Häuschen erwerben mit einem Quittenbaum und einem Sandkasten und einer duftenden Rose im Garten und mit einem Schreibzimmer oben im Giebel. Oder wenn ich das in Berlin nicht finde: eine altmodisch geschnittene Altbauwohnung mit Stuck an den Decken und Kinder-trampelt-nicht-so-laut-Dielen und einem Balkon zur Sonne.
Aber im Grunde wäre es doch ein Mensch, bei dem ich Wurzeln schlagen wollte. Ein Ort findet sich. Also ist es wohl am ehesten Traurigkeit – ein bisschen – die ich empfinde, angesichts der vielen Häuslebauerpaare um mich herum. Nicht wegen der eingebauten Dampfgarer und Zinsgarantien und Richtfeste. Sondern wegen der Verbindlichkeit, in der sie all das miteinander teilen.
Ich glaube auch, bei sich ankommen und vielleicht jemanden finden, mit dem man die nächste Zeit gut gemeinsam verbringen kann, ist wichtiger als das neue Sofa oder die Küche.
Ich hätte zwar auch gern ein Haus, das meins wäre, um nicht immer wieder liebevoll konstrierte Dinge hinter mir zu lassen und neu anzufangen.
Aber eine Garantie dafür ist ein gekauftes Haus ja auch nicht. Auch so dauerhaft angelegte Dinge können auseinander gehen.
Vielleicht suchen sie ja eine Art von Sicherheit in der Verbindlichkeit, die es aber doch nicht gibt, ausser aus einem selber…
Ich wünsche Dir dass Du jemandem begegnest, bei dem Du ankommen möchtest…
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Danke… Glaube schon, dass diese Verbindlichkeit viel Sicherheit schenken kann. Aber sie ersetzt es nicht, bei sich selbst anzukommen, das ist richtig. Liebe Grüße! Greta
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