Schreibflaute

In meinem Blog-Ordner liegen mehrere halbgeschriebene Artikel. Keiner will so recht „rund“ werden – dabei drehen meine Gedanken sich in geometrisch untadeligen Kreisen.

Morgens vor fünf schrecke ich aus dem Schlaf, schlage die Augen auf und frage mich, wie ich hierhergeraten bin, ausgerechnet in dieses Leben.

Ob ich mich – endlich, nun doch – damit abfinden muss, dass mein Leben in den nächsten Jahren aus nichts als Schulterminen, Arbeit und Haushaltskram bestehen wird; damit, auf absehbare Zeit immer nur Kleinigkeiten verändern zu können; damit, trotz meiner „Auszeiten“ im Wechselmodell immer viel mehr Sehnsucht danach zu haben, noch etwas anderes zu sein als eine alleinerziehende Mutter – als Kraft dafür.

Ich beginne, mich davor zu fürchten, dass die Müdigkeit, mit der ich durch diesen Alltag laufe, nicht wieder verschwinden wird.

Nachmittags in der S-Bahn treffe ich einen Vater von zwei Kindern, die die gleiche Schule besuchen wie der Achtjährige. Wie sehr mich das tröstet: von diesem glückliche-Familie-Vater zu hören, dass auch er sein Leben als Hamsterrad empfindet, das sich zwischen Arbeit, Schule und Sportverein dreht… und dreht… und dreht…

Das neugeborene Baby, das die frische Patchworkfamilie einer Freundin (Ihr erstes Kind, aber das dritte des Mannes) zusammenbindet, bringt mir ins Bewusstsein, wie viele mutige Frauen ich kenne, die sich ohne Zögern und mit ganzer Seele auf Beziehungen einlassen, die wegen der Kinder des Mannes – oder anderer Umstände – kompliziert sind. Frauen, die einen Menschen lieben und nicht ein Bündel passender Umstände. Ich muss eine ganze Weile nachdenken, bis mir (kurz vor Einsetzen der Bitterkeit) auch ein, zwei Männer einfallen, von denen ich weiß, dass sie sich auf Frauen eingelassen haben, die in komplizierteren Verhältnissen lebten als sie selbst.

Trotzdem beginne ich, mich davor zu fürchten, dass ich in zehn Jahren eine dieser noch garnicht alten, theoretisch interessanten, praktisch aber einsamen Frauen sein könnte, die aus ihrem Alleinsein das Beste machen – weil sie eben müssen.

Lebensmittegedankenkreise.

Im Grunde hätte ich wirklich lieber schöne und aufregende Dinge zu erzählen.

 

9 Gedanken zu „Schreibflaute

  1. Xeniana

    Es ist ein Hamsterrad. Die Lebensweise in Deutschland und das ganze mediale leistet vermutlich auch seinen Beitrag.eine Freundin vn mir ist hat eine zeitlang in Schweden gelebt und war erstaunt wie ruhig dort das Leben läuft.
    Zum alleinerziehend sein, kann ich kaum was sagen, aber im Großen und Ganzen bewältige ich das Leben mit den Kindern auch mehrheitlich allein im Moment. Ich kenne auch das Gefühl das das festgelegte mirmühsam erscheint. Letzten Endes ist es ja aber so und ich habe irgendwann es einfach akzeptiert. Nur als im Gymnasium meiner Tochter (5.Klasse) ein Bastelnachmittag mit Eltern für den Basar angedacht war, klebte ich mental unter der Decke. Nie wieder Basteln:)))LG Xeniana

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    1. Greta Autor

      Liebe Xeniana, also, Bastelnachmittage stehen hier in der Vorweihnachtszeit regelmäßig in Schule und Kita an… Zum Glück gibts da immer auch Kuchen, hinter dem man sich zwischen den anderen bastelunwilligen Eltern verstecken kann. Ja, ich glaube, das Gefühl von „Hamsterrad“ hat schon auch was mit gesellschaftlicher Stimmung zu tun – entspannt zu leben bedeutet gerade hier in der Großstadt auch, bewusst auf vieles zu verzichten, was auch noch schön wäre und was andere – scheinbar jedenfalls – noch mühelos schaffen. Komm Du gut und bastelfrei durch den Herbst! Liebe Grüße Greta

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  2. Susanne Haun

    Liebe Greta.
    Aber du verschwendest doch dein Leben nicht! Du ziehst zwei Kinder groß und das ist zwar eine anstrengende aber wertvolle Arbeit. Versuche doch erst mal dein Glück in dir und dei en Kindern selber zu finden. Das Glück liegt doch nicht im nächsten Mann. Das ist ja eine Bürde die du deinem kommenden Partner aufbrummst. Erst wenn du mit dir eins bist, bist du doch fähig in einer Partnerschaft zu leben. Die Zeit bis deine Kinder groß sind ist so schnell vorbei.
    Liebe grüße von Susanne

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    1. Greta Autor

      Liebe Susanne, natürlich „verschwende“ ich mein Leben nicht. Trotzdem macht mich der Alltag müde – weil der eben viel zu oft daraus besteht, von einem Termin zum anderen zu rennen – statt schöne Zeit mit den Kindern zu verbringen. Natürlich gibt es die, und die schätze ich auch. Genauso wie ich mein Leben ja auch ohne Mann schön gestalte. Trotzdem: meine Einsamkeit will ich auch Einsamkeit nennen. Und die spüre ich eben auch. Ich werde ganz sicher nicht aufhören, davon zu träumen, mein Leben mit jemandem teilen zu können. Dass das erst geht, wenn man ganz in sich selbst ruht, ist ein ziemlich hoher Anspruch. Ist man dann denn überhaupt noch bereit, um einer Beziehung willen auch Kompromisse einzugehen und sich in eine Beziehung hinein zu verändern? Über sowas sollten wir mal irgendwann im Herbst reden, bei einem Milchkaffee… Liebe Grüße! Greta

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      1. Susanne Haun

        Liebe Greta,
        ich freue mich schon darauf, mit dir bei mir in meiner neuen Atelierwohnung zu sitzen, Milchkaffee zu trinken und genau über diese Dinge zu reden.
        Ich empfinde Einsamkeit nicht als negativ und benenne sie gerne als Einsamkeit. In der Regel bringen mich diese einsamen Tage weiter, weil ich Ruhe zum Nachdenken habe.
        Ich war ja auch in einem Wechselrhythmus bei der Erziehung meines Sohnes und ich habe die Kinder freie Zeit für mein Business, die Kunst genutzt. Ich hatte allerdings auch immer nur das WE Kinderfrei.
        Ich fasse mich ein wenig kürzer, obwohl ich zu diesem Thema noch viel zu berichten hätte aber die letzten Umzugskisten drängen.
        Liebe Grüße sendet dir Susanne

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  3. wildganss

    Susanne sagt lauter Wahres.
    Aber ich verstehe auch deine Anflüge von Überdruss, Bitterkeit und Ängsten, ohne schon eine verbiesterte Alte zu sein….und wie du schreiben kannst, wie du lebst, wirst du DAS niemals werden…

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    1. Greta Autor

      Na hoffentlich nicht, das wäre ja noch schöner! Und danke für das Verständnis – ich versuche mich hier ja schreibend gerade mit dem auseinanderzusetzen, was ich als schwierig empfinde. Um es – einmal geschrieben – dann auch wieder aus anderen Perspektiven sehen zu können.

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  4. Britta

    Hallo Greta,

    ich weiß gar nicht, ob ich hier schon mal kommentiert habe *höflich grüß*, aber ich lese regelmäßig rein 🙂

    Mir fallen zwei Kommentare ein…. zum einen, dass selbst ich aus meiner Perspektive als glückliche Familienmama in gewachsener Langzeitbeziehung in geordneten Verhältnissen (…) mein Dasein auch immer wieder als unausweichlichen Parcours zwischen zu früh aufstehen, Einkaufen, Haushalt, Fahrdiensten und Kinderkram empfinde. Die herumfliegenden Stinkesocken gibt es gratis dazu. Nun sind meine Kinder schon größer und selbständiger, was einem aber das „Tagesgeschäft“ mit ihnen nicht abnimmt – Pubertät statt Trotzphase, um es mal sehr versimpelt auszudrücken.
    Ich glaube wirklich, dass jede/r immer wieder Phasen hat, in denen man gerne die Klotten hinschmeißen möchte und ich bin mir sicher, dass AE die Hölle sein kann! Respekt dafür.

    Zum anderen amüsiert mich deine dunkle Zukunftsvision fast, ohne dass ich mich über dich lustig machen will. Zur Erklärung: _Ich_ träume manchmal davon, einfach wieder nur ich zu sein, ausschließlich auf meine Bedürfnisse achten zu können und mich nicht um unaufgeräumte Klamotten, Essenswünsche oder die klassische permanent okkupierte Fernbedienung auseinandersetzen zu müssen. (Ich schreibe hier von meinem Partner, meinem langjährigen…)
    Du siehst, egal wie es ist – irgendwas ist immer 🙂

    Ich glaube, der Trick besteht darin, diese Phasen, in denen man grauschwarz sieht, als das zu nehmen, was sie sind – vorübergehende Zustände; auf alles Gute, was einem widerfährt, zu achten; Humor zu entwickeln und bei alledem dennoch gut auf sich selbst zu schauen. Man lernt dann schnell, was eine Phase ist und wo wirklich Handlungsbedarf ist.

    So, ich hoffe, ich habe nicht zu sehr aus meiner satten Position heraus gepredigt (?)und betone deshalb nochmals, dass mir schon ziemlich klar ist, welches Päckchen stemmst. Nochmals Respekt!!!

    Alles Gute, viele Grüße,

    Britta

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    1. Greta Autor

      Liebe Britta, schön, dass Du hier gelegentlich vorbeischaust und auch, dass Du ein wenig von Dir erzählst! Ja, ich glaube schon, dass das Leben in einer kompletten Familie nicht grundsätzlich weniger anstrengend ist. Vielleicht kannst Du Dich häufiger mal fallenlassen – was mir fehlt; dafür kann ich machen, wovon Du träumst: in meinen Zeiten ohne Kinder auch mal auf meine eigenen Bedürfnisse achten. In diesen Zeiten nehme ich die klarer wahr – und ich habe mir in den ersten Jahren nach der Trennung eingebildet, in dieser kinderlosen Zeit dieses „mehr“ hinzubekommen, nach dem ich mich sehne – und bin jetzt ein wenig resigniert und erschöpft, weil die Familientermine auch diese Tage oft ausfüllen und mir einfach zu wenig Kraft für alles andere übrigbleibt. Eine Phase? Klar. Hoffentlich dauert sie nicht bis zum Abitur des Vierjährigen 😉 Liebe Grüße! Greta

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