Faust aufs Auge

In der letzten Zeit hatte ich einen kleinen Blogbeitrag zum Thema „Mobbing gegen arbeitende Mütter“ im Kopf… wegen der Schulveranstaltung, die selbstverständlich um 15 Uhr schon beginnt, den vielen Schließtagen der Schule und der Kita, mit denen mein Kalender im Juni gespickt ist, wegen der Öffnungszeiten der Kinderarztpraxis, einmal wöchentlich nachmittags. Nicht später als halb fünf ankommen, sonst wird man nicht mehr drangenommen.

Aber die Wirklichkeit schlägt einen Purzelbaum und lässt mich wünschen, mich wieder mit derartigen Kleinigkeiten herumschlagen zu können.

Ungefähr zum Ende seines Kita-Schwimmkurses – das war vor ein paar Wochen – bekommt der Fünfjährige seltsame Pickel unterm Arm. Ach, das ist nix, meint sein Vater, der tagsüber Zeit hat und deshalb auch mal wegen ein paar Pickeln zum Arzt gehen könnte. Vormittags.

Am letzten Arbeitstag der Kollegin, deren Schwangerschaftsvertretung ich übernehmen muss – das war letzte Woche – schaffe ich es dann doch selber, mit dem Fünfjährigen zum Arzt zu gehen, und erfahre, dass es sich bei den munter blühenden Pickeln um einen Befall mit Dellwarzen handelt.

Das Warzenmittel, das die Kinderärztin uns empfohlen hat, ist laut Beipackzettel so stark ätzend, dass die Apothekerin mir dringendst davon abrät, ein Kind damit zu behandeln.

Also erstmal googeln.

Niemals vorher in meinem Leben habe ich mich so sehr darüber gefreut, dass es im Internet Foren zu jedem noch so abseitigen Thema gibt. Und Erfahrungsberichte von Menschen, die dasselbe durchmachen wie man selbst. „Mein Kind“, schreibt eine Mutter, „hat ungefähr 50 Dellwarzen. Was soll ich nur machen?“ Erst einmal macht sie mich glücklich, der Fünfjährige hat nämlich nur etwa 15. Und dann lerne ich, was andere Mütter alles gegen die fiesen Dinger tun. Klebeband (drei Tage dranlassen) oder Knoblauchumschläge. Propolis oder Vitamin A. Infektodell oder Schöllkrautsaft. Aufstechen – oder Besprechen, bei abnehmendem Mond natürlich.

Eigentlich könnten wir ja gleich 15 verschiedene Hausmittel ausprobieren und eine tolle Vergleichsstudie machen. Aber weil ich mich erinnere, dass mein Vater mir vor vielen Jahren Schöllkraut gezeigt und mir erzählt hat, dass der orange Saft gegen Warzen hilft, fange ich erstmal damit an, das Zeug wächst zum Glück gleich um die Ecke am Straßenrand. Ich nehme den Vater meiner Kinder zur Schöllkrautecke mit und zeigt ihm die Pflanzen. Hoffentlich merkt er sich die Form der Blätter und nicht, dass das Kraut gelb blüht – der Saft vom wilden Rucola direkt daneben hilft wahrscheinlich nur halb so gut.

Von der Schöllkrautbehandlung werden die Warzen leuchtendorange. Auffällig. Und so kommt es, wie es kommen muss:

Vier Tage vor meinem ersten Urlaub seit Weihnachten und meinem ersten Urlaub ohne Kinder seit neun Jahren und meiner ersten Auslandsreise seit Menschengedenken – heute – wird der Fünfjährige wegen seinem Warzenbefall aus der Kita verbannt. Ohne eine Bescheinigung darüber, dass er keine ansteckende Hautkrankheit hat, darf er nicht wiederkommen. Und ich kann die Erzieherin sogar verstehen…

Also wochenlang, sagt der Vater meiner Kinder, der tagsüber Zeit hat, kann ich das jetzt auch nicht übernehmen. Ich hab schließlich Termine!

Tiiiiief atmen. Eiiiiiiiinatmen. Auuuuusatmen. Irgendwie wird es schon weitergehen.

Das Telefon klingelt. Mein Chef: Kannst Du morgen vielleicht ein bisschen länger arbeiten?

12 Gedanken zu „Faust aufs Auge

  1. cloudette

    Wünsche schnelle Besserung! Und dem Herrn Vater einen Tritt in den Ar…. Sorry. Aber es macht mich wütend, das zu lesen. Kenne das gut von meinem Ex >:-(

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