Aufräumen im Jungszimmer

Beim Neunjährigen müssen dringend Ordnung und Sauberkeit geschaffen werden. Der Schuljahresbeginn ist eigentlich ein guter Anlass – denke ich und fange am Freitagabend eine mutige Großputzaktion an.

Nicht malende Stifte aussortieren. Spiele durchsehen und übersichtlicher ordnen. Die beiden pädagogisch äußerst wertvollen, aber zum Gähnen langweiligen Verkehrserziehungsspiele ab in die Kiste fürs Sozialkaufhaus. Regalfächer abstauben. Heimlich löse ich gleich mal die „Reisekiste“ auf – was da nicht alles an Klitzekleinigkeiten (Spielen, Blöckchen, Stiftchen) drinsteckt, die auf geheimnisvolle Weise zu uns gelangt sind, in dieser Kiste geparkt und dann nie angesehen wurden! Schnell den Müll rausbringen, eher der Fünfjährige mitbekommt, was ich da mache, und gar zu viel Kram rettet und in sein Zimmer verschleppt.

Wenigstens die Schreibtischecke wird auf diese Weise sauber und ordentlich. Jetzt erst mal den Fußboden putzen – für den Rest ist ja morgen noch Zeit. Während ich ausräume, was sonst so im Zimmer herumsteht – unsere drei Wäscheständer, das Trampolin, mehrere Kisten mit Lego und Playmobil und Holzbausteinen, mit denen keiner meiner Söhne mehr spielt, seit es Fußballkarten in ihrem Leben gibt – denke ich darüber nach, warum sich ausgerechnet in meiner Wohnung so viel Kram ansammelt. Liegt es daran, dass ich als jüngste Schwester mit den kleinsten Kindern in der weiteren Familie einfach diejenige bin, bei der die anderen dankbar die eine oder andere Kleinigkeit entsorgt in gute Hände weitergegeben haben – weil Wegwerfen in unserer Familie als unökologische Notlösung gilt? („Sie dreht sich ja noch“, sagte meine Mutter vor langer, langer Zeit über eine alte rostige Wäscheschleuder und schuf damit ein Familiensprichwort.) – Jetzt bin ich jedenfalls dran: Beim Aussortieren im Zimmer meines Sohnes sind gleich mehrere Häufchen neckischer Kleinigkeiten entstanden, die sich prima als Mitbringsel für Freunde und Bekannte mit kleineren Kindern eignen und bestimmt noch viel Freude machen. Jedenfalls den Kindern. Jedenfalls einen Moment lang.

Der Flur in unserer Wohnung ist jetzt ganz und gar verstopft. Garnicht so leicht, den Staubsauger aus seinem Winkel zu holen und ins Kinderzimmer zu bringen, ohne mit einem Fuß ins Kickerspiel zu treten und mit dem anderen auf einem Kissen auszurutschen. Ich stecke den Stecker in die staubige Mehrfachsteckdose, schalte ein, sauge ein paar Spinnweben zwischen Tür und Kleiderschrank weg… da setzt der Staubsauger aus. Und lässt sich durch nichts – kein Drohen, kein Fluchen, noch nicht einmal einen neuen Beutel – zum Weitermachen bewegen. Mist.

Oh, schreit mein Sohn (der mir großzügig Hilfe angeboten hat, dann aber dringend ausprobieren musste, ob sein Geduldsspiel noch funktioniert) außerdem grade, guck mal, eine Motte! Ob es nun eine war oder nicht, der jährliche Mottenschutz für den Teppich ist eh überfällig. Ich schleppe das Bettzeug meines Sohnes ins andere Kinderzimmer und gehe ergeben in die Knie, Teppichbürste in der Hand. Erste Runde: Dreck rausbürsten. Zweite Runde: Mottenschutzmittel reinbürsten. Fenster auf, Tür zu.

Am nächsten Morgen ist der Flur immernoch verstopft und der Staubsauger immernoch kaputt. Um wieviel Uhr darf man bei den Nachbarn klingeln und ihren ausborgen? Anscheinend sind alle verreist – ich klopfe erfolglos (und um zehn dann auch laut) an allen Türen, bis mir endlich die von ganz unten mit dem großen schwarzen Hund aufmachen und freundlich ihren Staubsauger überlassen. Er ist vorne ein bisschen kaputt, zeigt der Mann auf ein zerfetztes Klebeband an der Stelle, an der eigentlich die Bürste sitzen sollte, die den Dreck aus dem Teppich holt. Und er riecht ein wenig nach unserem Hund. Aber wir geben ihn dir gerne!

Eine halbe Stunde später stelle ich das gute Stück erschöpft zurück vor Nachbars Tür. Ich werde nie wieder davon träumen, meinen Kindern einen süßen, flauschigen, lebendigen Welpen zu schenken. Das weiß ich jetzt. Aber wenigstens kann ich das Zimmer des Neunjährigen wieder einräumen – auch wenn er wegen dem Geruch vielleicht noch eine zweite Nacht beim Fünfjährigen verbringen muss.

Mein Elan ist verflogen. Die anderen Spielsachen und die Bücher sortieren wir dann ein andermal durch. Vielleicht nächstes Jahr.

5 Gedanken zu „Aufräumen im Jungszimmer

  1. Anne

    Wow, ich finde, Du hast viiiel geschafft. Ich werde immer schon ganz müde, wenn ich nur die Schwelle unseres Kinderzimmers trete. Und mich verlässt der Mut…

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  2. meinesichtderwelt

    Ich sortiere auch gerne vor – die Kisten bleiben dann fertig verpackt stehen (wo sie nicht stören …). Und das mit dem Weitergeben unter dem Motto „Sie dreht sich ja noch“ könnte auch aus meiner Familie stammen 😉

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    1. Greta Autor

      Na das ist ja tröstlich, das unsere Familie da nicht die einzige ist! Ich denke schon immer, das ich gut vorsortiere und wirklich nur weitergebe, was man noch gebrauchen kann und was noch gut in Ordnung ist. Aber wer weiß, wie das von außen wahrgenommen wird… Ich hab immer einen Stapel im Flur – Dinge, die bei nächster oder übernächster Gelegenheit irgendwohin mitgenommen werden sollen.

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  3. AnnaLisa09

    Liebe Greta,
    Mein Staubsauger hat letztens auch den Geist aufgegeben und da war der Tipp mal das Kabel komplett raus zuziehen weil sich das schon mal verhaken kann und dann macht er keinen muks mehr.
    Bei mir war es dann eine Lötstelle die zwischen der Kabelrolle gebrochen ist, weil er umgefallen war.
    Vielleicht ist er ja noch zu retten.
    Liebe Grüße
    Anna

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