Das neue Schuljahr geht auf seine 4. Woche zu. Das „neue Normal“ mag das jetzt noch nicht sein, aber für den Moment hat sich doch eine Art neues Normal eingespielt.
Das mit dem frühen Aufstehen bekomme ich nach einigen Anlaufschwierigkeiten wieder einigermaßen hin. Lege mich auch nicht mehr jeden Tag zurück ins Bett, sobald die Jungs kurz vor halb acht aus der Tür sind; das ist zwar schön (und im Halbschlaf Schlafanzug direkt an den Homeofficerechner funktioniert auch, weiß ich jetzt), aber der Kreislauf möchte garnicht mehr hochfahren, wenn ich morgens erst wieder so richtig eingeschlafen bin.
Die Corona-Verdachtsfälle in der Schule des Fünfzehnjährigen haben bisher ganz überwiegend negative Testergebnisse erhalten. Niemand musste in Quarantäne. Der Elternabend des Elfjährigen findet online statt, zum Elternabend des Fünfzehnjährigen schicke ich seinen Vater, der ansonsten Babydienst schiebt und selten ohne Geschrei im Hintergrund an ein Telefon geht.
Präsenztage im Büro habe ich noch nicht angefangen – die Bauarbeiten auf meiner S-Bahn-Strecke sind noch nicht abgeschlossen. Im September, irgendwann, vielleicht… Konzentriertes Arbeiten wäre natürlich mal wieder schön. Zu Hause ist ja immer was, und wenn es nur der Postbote ist oder der Servicemann, der die Rauchmelder installiert. Häufiger allerdings sind es Probleme, von denen ich garnicht mehr weiß, wie ich sie nach einem langen Tag im Büro gelöst haben würde:
Mein Telefonanbieter verschenkt einen WLAN-Repeater, der aber nur über einen Anruf unter einer Nummer zu bekommen ist, unter der mir unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ein supertoller neuer Vertrag aufgeschwatzt wird, den ich nur mit sehr viel Mühe und zusätzlicher Zeit in der Hotline-Warteschleife wieder storniert bekomme (und der dann trotzdem nach Erhalt der Vertragsunterlagen nochmals schriftlich widerrufen werden muss).
In der weiteren Familie müssen Grundstückserbangelegenheiten geregelt werden, bei denen es um die absolut vernünftige Lösung geht, auf ein 27tel diverser Feldflurstücke zu verzichten, die aber zahlreiche Telefonate mit einem Notar erfordern und dann auch noch Telefonate mit Mitgliedern der weiteren Familie, die den Grundbesitz bekommen, aber ob meines Ersuchens um Kostenübernahme für den Berliner Notar deutlich erbost sind.
Außerdem geht auch noch das Fahrrad des Fünfzehnjährigen kaputt, dessen Vater sich weigert, es zu reparieren, weil der Fünfzehnjährige das Fahrrad nicht pfleglich behandelt; der sich aber auch weigert, einen Teil der Kosten für die Reparatur im Fahrradladen zu tragen, weil er es ja leicht und kostengünstig selbst reparieren könnte. Angesichts der Konfirmanden-Radtour am Wochenende, für die der Fünfzehnjährige ein funktionierendes Rad braucht, ist das eine komplexe – und am Ende für mich teure – Gemengelage.
Dass ich nebenher im Kopf behalte, welches der Kinder wann zum Zahnarzt muss, dass der Schachrucksack des Elfjährigen noch beim Vater liegt, aber heute bei mir benötigt wird, dass das verschwundene Portemonnaie des Elfjährigen vermutlich in genau diesem Schachrucksack steckt, wann die Impftermine sind, dass der Vater der Kinder versprochen hatte, die Ärztin anzurufen und zwei Impftermine zusammenzulegen und dass ich ihn daran erinnern muss, wenn ich möchte, dass er die Ärztin wirklich anruft, dass neue Schutzmasken gekauft werden müssen und dass die Vitamin-B-Tabletten des Elfjährigen bald aufgebraucht sein werden (die Liste ließe sich fortsetzen) – das gehört ja sowieso dazu, steigert die Produktivität im Homeoffice aber auch nicht gerade. Neulich wieder diesen Comic angesehen und dabei tief, tief geseufzt.
Was schön ist: Zwischendurch spontan einen Kaffee mit der Mitmutter trinken, auch wenn es wegen des Regens im Innenraum des Cafès sein muss. Mein nun endgültig dauerhaft online stattfindender Bauchtanzkurs. Am Telefon mit einer meiner Schwestern zu lachen. Mit dem Elfjährigen und dem Fünfzehnjährigen abends Karten zu spielen: drei Spiele Skat, vier Spiele Doppelkopf. Den Hannoverliebsten jeden Tag wenigstens auf dem Handybildschirm zu sehen (ach, mit dem WLAN-Repeater ginge das sogar unverpixelt…) Die Vorfreude auf unsere gemeinsame Radtour im September. Abends das Licht auszumachen und die Augen zu schließen.
Was zu tun bleibt: Mich mehr zu bewegen, dringend. Das Wochenende in Thüringen durchdenken, bei dem im Familienrat besprochen werden soll, wie die Frau meines Vaters ab und an ein wenig von ihrer Rund-um-die-Uhr-Pflegeverantwortung entlastet werden kann, und was in allen möglichen vorstellbaren Notfällen getan werden müsste. Auffrischungs-Fahrstunden und ein erste-Hilfe-Kurs, mal endlich.
Zumindest kommt niemals Langeweile auf 😉
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