Dass ich mich an die dritte Schulwoche kaum noch erinnern kann, spricht für meinen Urlaub. Von dem aber später mehr. Die Arbeits- und Kinderwoche vorher war geprägt von schwierigen, aber endlich immerhin geglückten Absprachen mit dem Vater meiner Kinder, vom Blättersammeln fürs Herbarium des Zwölfjährigen, davon, dass jeden Tag irgendetwas dazwischenkam, so dass ich nicht einmal ins Büro konnte, und von zwei Telefonaten mit einem Headhunter, der offenbar meine ganze Abteilung auf der Suche nach einer Besetzung für eine etwas schwierige Stelle durchkontaktiert hatte. Nebenbei füllte ich einen Wäschekorb mit warmer Kleidung, Regensachen, Fahrradwerkzeug, Notfallsüßigkeiten und sicherheitshalber ausgedruckten Karten des Leine-Heide-Radwegs. Und am Samstagmorgen belud ich dann mein Fahrrad und verabschiedete etwas wehmütig meine Kinder, bevor ich mich mit dem Rad via S-Bahn und ICE nach Hannover aufmachte. Der erste Fahrradurlaub seit ungefähr 18 Jahren! Die erste ganze Urlaubswoche allein mit dem Hannoverliebsten! Die erste Urlaubswoche seit immer, für die ich meine Kinder außer der Reihe zu ihrem Vater gegeben habe.
Unter einem besonders günstigen Stern stand unser Radelurlaub nicht gerade.
Ungefähr 200 Meter nach dem Bahnhof Laatzen – wo wir gestartet waren – setzte der Regen ein und blieb erstmal für zwei Tage. Die erste Etappe fuhren wir tapfer gegen den Regen an, nabentief im Schlamm auf schlechten Wegen, mit nassen Knien (ich) und etwas gedämpfter Laune (der Hannoverliebste). Die heiße Dusche nach dieser Etappe gehört definitiv zu den Highlights des Urlaubs, die abendliche Rinderroulade – in warmer, sauberer, trockener Kleidung – auch. Die zweite Etappe schenkten wir uns dann, nahmen die Regionalbahn nach Göttingen, sahen im Kino „The Father“ (sehr empfehlenswert, aber durchaus verstörend), aßen unter einer Markise im prasselnden Regen leckere Burger und wurden auf der Rückfahrt zum Hotel nochmal so richtig nass.
Der Nieselregen am 3. Tag – Montag – war für uns dann fantastisches Wetter und die Etappe von Göttingen nach Heilbad Heiligenstadt ganz wunderbar. Den Platten hatte der Hannoverliebste auch erst 3 Kilometer vor dem Ziel, es gab im Ort eine Fahrradwerkstatt, die das Rad des Hannoverliebsten im Nu wieder in Ordnung brachte – alles in allem einer der gelungeneren Urlaubstage. Spätabends erreichte uns dann allerdings die Nachricht vom neuerlichen Bahnstreik.
Auf den nächsten Etappen nach Mühlhausen, Gotha und Eisenach mussten wir uns also mit den zu erwartenden Bahnausfällen auseinandersetzen. Am Ende kürzten wir den Urlaub etwas ein, besuchten zwar die große Schwester, die ich seit beinahe ewig nicht mehr gesehen hatte, nicht aber meinen Vater, und kamen am Donnerstag schon mit einer Reihe kleiner Privat-Regional-Bahnen aus Thüringen weg und nach Hannover zurück. Das klappte so gut, dass wir zwischendrin sogar noch eine der auf dem Hinweg ausgelassenen Strecken radelten. Inzwischen bin ich wieder in Berlin – ohne mein Fahrrad allerdings, das in Hannover auf bessere Zeiten wartet.
Immerhin: 160km mit dem Rad zurückgelegt. Schöne Flusslandschaften gesehen. Alle Widrigkeiten gemeinsam mit dem Liebsten überstanden. Nochmal intensiv draußen gewesen, Kleinigkeiten am Wegrand wahrgenommen, in langsamem Tempo ein Stückchen Deutschland kennengelernt, mit dem Kopf weit vom Alltag weggewesen.
Jetzt darf der Herbst kommen.