WmdedgT – 5. März 2022

Wie an jedem 5. fragt Frau Brüllen uns, was wir eigentlich den ganzen Tag so machen – alle Beiträge dazu finden sich hier.

Ich wache an diesem 5. März in Hannover auf, zum ersten Mal gegen sechs, dann erst wieder viel später. Die Erleichterung, eine weitere anstrengende Arbeitswoche bestanden zu haben, hat mich gut schlafen lassen. Auch die Berliner Anspannungszipperlein – vor allem der verspannte Nacken, der von Physiotherapiesitzung zu Physiotheraphiesitzung und von Nachrichtensendung zu Nachrichtensendung immer schlimmer wird – haben hier deutlich nachgelassen. Wir genießen den faulen Morgen, wordeln im Bett, schauen, ob die coronakranken Söhne des Hannoverliebsten sich mit Nachrichten zu ihrem Gesundheitszustand gemeldet haben und stehen erst gegen 10 auf. Zum Frühstück Kaffee und Müsli.

Am späten Vormittag gehen wir zum kleinen Markt, der ist ganz nah, der Hannoverliebste kauft Frühlingsblumen, Tulpen, Ranunkeln, Forsythienzweige. Die Sonne scheint, es tut gut, zusammen draußen zu sein. Ich besorge noch schnell ein Stück Kuchen, es kommt mir vor, als sei der schon doppelt so teuer geworden wie noch vor wenigen Wochen.

Hinterher füllt der Hannoverliebste seine Vasen und ich streiche Brote, koche Kaffee, schneide Äpfel. Wir packen das vorbereitete Picknick ein und wärmen uns zum Sofortessen einen Rest Reis mit Hähnchen auf. Ab 13 Uhr steht ein Stadtmobilauto für uns bereit, das schaffen wir nicht ganz, aber das macht nichts. Der Hannoverliebste fädelt das Auto aus seinem Tiefgaragenplatz und wir fahren aus der Stadt heraus zum Deister.

Am Deister ist es immernoch sonnig, das ist schön. Wir erinnern uns an mehrere Spaziergänge, die wir hier schon bei großer Kälte gemacht haben. Heute gehen wir die klassische Runde, den Berg hoch, vorbei an der Mountainbikebahn mit den Schanzen, auf denen heute niemand tollkühne Saltos springt; zum Froschteich, auf dem noch eine hauchzarte Eisschicht liegt, wo die Sonne ihn nicht wärmt; zu den Wasserrädern, wo wir eine Sonnenbank fürs Picknick finden; weiter nach oben und dann zurück. Der Orkan vor zwei Wochen hat viele große Fichten gefällt, er muss hier mächtig gewütet haben.

Am späten Nachmittag sind wir wieder zu Hause, durchgelüftet und durchbewegt, das ist ja nicht selbstverständlich für uns Homeofficemenschen.

Wir haben uns aus dem Supermarkt Tiefkühlpizza mitgebracht und sitzen noch eine Weile auf dem Sofa; der Hannoverliebste liest Zeitung, ich beantworte Nachrichten und frage in Thüringen nach, ob wohl der Sienzehnjährige gut angekommen ist, der an diesem Wochebende zum ersten Mal meinen Vater ganz alleine besucht. Ist er.

Dann schaue ich mir ein paar Minuten von GNTM an, das habe ich noch nie im Leben gemacht, aber irgendwo war von der großen Diversität der Kandidatinnen die Rede und das hat mich interessiert. Außerdem der Gedanke: Auch solche Sendungen, die ich eigentlich für sinnlos und überflüssig halte, sind ein Teil unserer Welt, deren Zerbrechlichkeit uns gerade so deutlich vor Augen steht. Ich möchte bitte weiter in einer Gesellschaft leben, in der wir es uns leisten können, dass Mädchen sich wünschen, Topmodels zu werden, weil sie sich nicht um ihr Leben, ihre Wohnung, ihre Nahrung, ihre Freiheit sorgen müssen; ja, das möchte ich.

Kurz vor acht stecken wir unsere Pizzen in den Ofen und essen; dann Nachrichten. Die Bilder aus der Ukraine legen sich schwer auf die Seele. Zwei Folgen Maren Kroymann aus der Mediathek, dann Dusche und ins Bett. Lese noch „The Faraway Nearby“ von Rebecca Solnit aus.

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