Dieser Dezember bekommt ein schlechtes Rating, halbe Punktzahl, höchstens. Das schöne Adventswochenende – mit Weihnachtsmarkt und langer Samstagschorprobe – war ja auch schon im November.
Ab dem 2. Advent immer irgendwer krank, vor allem der Dreizehnjährige lange, und selbst hatte ich mich Mitte Dezember gerade so halb berappelt, dass ich versuchsweise die vorletzte Probe vor dem Chorkonzert mitsingen konnte, nur um dann so was wie einen Rückfall zu bekommen, jedenfalls wieder Husten und keine vernünftige Atmung fürs Singen. Sehr schade.
Erwerbsarbeit bis zum 23. Dezember, leider auch keine ganz ruhige Vorweihnachtswoche mit entspanntem Vorbereiten fürs neue Jahr, sondern Stresstermine nach Feierabend mit Kolleginnen im Amerika, die sich über irgendwelche amerikanischen Verträge genau so die Haare rauften wie ich und auch nicht verstanden, was eigentlich gemeint war.
Zum Ferienbeginn vor Weihnachten schien mir die Vorbereitung fürs Fest kaum zu bewältigen, aber ich hatte eine gute Idee – ich klebte ein ganzes Tablett mit kleinen Aufgabenzettelelchen voll, das funktionierte, ich hatte viel Hilfe beim Vorbereiten. Heiligabend zu dritt können wir ja ganz gut, die Jungs wünschen es sich auch so – Sternspiel mit Geschenkeauspacken und Was-machst-du-wenn-Spiel und die traditionellen Familienköstlichkeiten zum Abendessen. Am Heiligmorgen den Baum schmücken, nachmittags den Traditionsspaziergang, bei dem wir einer am äußersten Ende des Kiezes wohnenden Freundin einen Weihnachtsgruß an den Gartenzaun hängen. Endlich wieder Kirche in echt, live – bei weitem nicht mehr so voll wie vor der Pandemie, die Leute haben andere Traditionen entwickelt, manche Leute jedenfalls.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag wechselten die Jungs zu ihrem Vater, das ist immer der für mich traurigste und schwerste Wechsel im ganzen Jahr. Hatte mir deshalb dieses Jahr ausgedacht, dass ich die Jungs hinbringen würde, hatte mich beim Vater der Kinder zum gemeinsamen Mittagessen eingeladen, ein Spiel hatten wir auch im Gepäck – das hat funktioniert und war schön. Abends dann die andere Mitmutter bei mir zu Besuch.
Denke darüber nach, wie es wäre, wenn in unserer Familie irgendwer ein Haus hätte, groß genug, um zahlreiche Gäste für ein paar Tage zu beherrbergen. Würden wir dann Weihnachten in größerer Runde feiern, nicht in kleinen, übers Land verteilten Kernfamilien? Der Immobilienbesitz als Motor des Familienzusammenhaltes? Vielleicht habe ich aber auch nur zu viele kitschige Weihnachtsfilme angesehen.
2022 war weltpolitisch schlimm, privat irgendwie ok-ish – vermissen werde ich das Jahr nicht. Am glücklichsten – sagt die App, in der ich Stimmungen und sonstiges protokolliere, um den Ursachen meiner Kopfschmerzen auf die Spur zu kommen – war ich im Frühjahr beim Wandern in der Rhön, mit der ganz großen Schwester und dem Siebzehnjährigen. Am unglücklichsten vielleicht, als ich der Chorleiterin das Mitsingen beim Weihnachstkonzert absagen musste (andere Leute kriegen ihre Erkältungen doch auch in den Griff, sagt missbilligend die innere Stimme, die sowieso meint, das ich alles falsch mache). Immerhin habe ich angefangen, im Chor zu singen. Immerhin habe ich einige Herausforderungen im Zusammenhang mit der Erwerbsarbeit gemeistert; immerhin meine ich, mit einigen Gefühlen besser klarzukommen als früher. Ich habe eine Friseuse gefunden, die dünne Haar gut schneiden kann (Hah!!!) und habe versucht, Kontakt zu Freundinnen zu halten, auch wenn es mich frustriert, dass dieser Kontakt in einigen Fällen gefühlt nur noch von mir ausgeht, vielleicht auch weil ich so wenig Zeit habe und wenig coole und spannende Dinge erlebe und in die Freundschaft einbringen kann. Ich wäre gerne manchmal mehr alleine und manchmal weniger alleine gewesen, das ist kein Widerspruch; und: ich war in Paris, mit den Kindern, mit dem Hannoverliebsten. Eine meiner Bandscheiben ist kaputtgegangen. Ich habe einen schicken Schreibtisch erworben, an dem ich im Stehen arbeiten kann, und viele schwarze Kleidungsstücke, weil das die Farbe ist, in der der Kirchenchor auftritt.
2023 wird der Dreizehnjährige konfirmiert werden und der Siebzehnjährige Abitur machen. Es wird also aufregend, ich möchte meine Kinder feiern und dem Siebzehnjährigen den Rücken stärken auf seinem Weg ins Erwachsenenleben. Weiter keine besonderen Pläne. Außer Rückengymnastik.
Ihnen, Euch allen, die hier lesen, wünsche ich ein gutes Neues Jahr 2023. Frieden in der Welt; unliebsame, aber wichtige Entscheidungen in der Klimapolitik; weniger Polemik und Hass; mehr Verständnis und Mut. So ungefähr. Alles Gute!
Hat mir gefallen, diese kleinen Betrachtungen zu lesen.
Andere Leute kriegen doch auch immer alles in den Griff: Gefährlicher Gedankengang. Könnte man weglassen, wenn….ja, wenn…?
Liebe Grüße von Sonja
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Ja, ein unnützer Gedankengang – mir hilft es schon, ihn als eine Stimme zu identifizieren, um ihn von anderen, hilfreicheren Stimmen und der Wirklichkeit zu unterscheiden… Komm gut ins neue Jahr: Mit den nützlichen und guten Stimmen, und mit Deinen schön assoziierten Blogbeiträgen! Liebe Grüße von Greta
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Ich kenne niemanden, der immer alles im Griff hat 🙂 Einen guten Übergang und Segenskraft für 365 Tage.
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Stimmt, ich auch nicht 🙂
Vielen Dank und auch der Naunyn-Gemeinschaft einen guten Übergang und ein gutes neues Jahr 2023!
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Ach, ach … und herzlichen Dank fürs Erzählen.
Gute Besserung!
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