Von den schlechten Tagen steht hier weniger. Schon weil ich an denen nicht zum Schreiben komme, nicht zum Durchatmen, nicht zum Rausgehen, nicht dazu, meinen Kindern wirklich zuzuhören, eigentlich zu nichts.
Die schlechten Tage sind die, an denen meine Arbeit nicht zu schaffen ist, an denen ich erst dann dazu komme, etwas abzuhaken, wenn ich eigentlich lange Feierabend hätte. Die schlechten Tage sind die, an denen es draußen ganz grau ist. Die, an denen eins der Kinder zu viel Stress mit den Schulaufgaben hat oder beide und wir uns wechselseitig von Laptop zu Laptop anzischen, sobald einer ein Geräusch macht. An denen ich nicht damit klarkomme, ständig unterbrochen zu werden, weil ich mich selbst so dringend konzentrieren müsste.
Die schlechten Tage sind die, an denen ich abends missmutig irgendein Essen zusammenkoche, das am nächsten Tag niemandem schmeckt. An denen wir noch nicht mal zur gleichen Zeit Mittagspause machen können. An denen wieder kein Heinzelmännchen eine Gurke, einen Salat, ein bisschen Obst nachgekauft hat. An denen die Kinder ausnutzen, dass ich Überstunden machen muss, ihre Handyzeit überziehen, die versprochenen Pflichten nicht erledigen. Die schlechten Tage sind die, an denen der Zwölfjährige möglichst schnell zu seinem Vater oder einem Freund verschwindet, weil ich ja immer nur arbeiten muss.
Die schlechten Tage sind die, an denen ich dem Hannoverliebsten sage, dass ich erst am Freitagabend zu ihm komme, damit der Sechzehnjährige auch am Freitag noch bei mir lernen kann und nicht in die Schule muss. Die schlechten Tage sind die, an denen der Sechzehnjährige dann morgens von seinem Vater kommt, ohne Frühstück im Bauch, im fleckigen Pullover von gestern, aber begeistert erzählt, was gemeinsam gespielt wurde. Dort haben ja alle Zeit.
Die schlechten Tage sind die, an denen ich merke, dass ich meine Freunde vernachlässige. Dass die andere Mitmutter nicht mehr zurückruft; dass ich ein Angebot zum Telefonieren einfach nicht annehmen kann, weil ich dazu erst Zeit hätte, wenn ich schlafen muss, und nicht schon in der einen Stunde, in der ich wenigstens mit dem Zwölfjährigen gemeinsam auf dem Sofa vor dem Fernseher sitze. Die schlechten Tage sind die, an denen mich das Gewissen plagt, weil ich mich nicht danach erkundige, wie es meinem Vater, seiner Frau, meinem Onkel, dem Magen der ganz großen Schwester geht, und an denen mich das Selbstmitleid packt, weil mich erst der Hannoverliebste am späten Abend fragt, wie es mir geht, und sonst niemand sich erkundigt, wie ich das alles schaffe.
Die schlechten Tage sind die, an denen die Wochen gleichförmig vor mir liegen und ich nicht weiß, wie lange ich das so noch durchhalte.
Es sind nicht alle Tage schlecht, bei weitem nicht. Aber es gibt sie.