Meine neueste Lieblingspostkarte, die prima in den Januar mit all seinen guten Vorsätzen passt:
Ich fühle mich, als könnte ich Bäume ausreißen!
Also kleine Bäume. Vielleicht Bambus.
Oder Blumen. Na gut.
Gras. Gras geht.
Meine neueste Lieblingspostkarte, die prima in den Januar mit all seinen guten Vorsätzen passt:
Ich fühle mich, als könnte ich Bäume ausreißen!
Also kleine Bäume. Vielleicht Bambus.
Oder Blumen. Na gut.
Gras. Gras geht.
Eine kleine Wochenendreise, Freitag auf Samstag. Auf der Hinreise etwas Wartezeit am Bahnhof; auf der Rückreise ein verpasster Anschluss – und natürlich zieht es mich in die Buchhandlungen, obwohl ich ein Buch im Gepäck habe: Fredrik Sjöbergs „Die Fliegenfalle“, das mir bei einem anderen Bummel ein paar Monate vorher in die Hände gefallen ist.
Ich schlendere durch die Bahnhofsbuchhandlung am Berliner Südkreuz und stelle einmal mehr fest, dass ich die Art mag, in der diese neuen Zeitschriften – „Flow“ und „Happinez“, leichtverdauliche Wohlfühlversprechen, Bastelanleitungen und Binsenweisheiten – und die Frauenbüchercover neuerdings illustriert sind. Das neue Buch von Jojo Moyes ist noch nicht ausgeliefert, und ich weiß auch noch nicht, ob ich eine Fortsetzung von „Ein ganzes halbes Jahr“ lesen will; ich glaube nicht richtig, dass die Autorin nochmal ein Buch schreiben wird, das an ihren Erstling heranreicht. Aber ich bin auch garnicht auf der Suche nach romantischer Liebe zwischen Buchdeckeln. Da drüben stehen die All-Age-Vampire, dort liegt ein Tisch voller Regionalkrimis, die mag ich auch nicht. Meinen Glücksmoment habe ich, als ich Rebeca Solnits „Wenn Männer mir die Welt erklären“ entdecke, als ich gerade die Anzahl der Frauen- und Männernamen auf den philosophischen „Anregungen für 2016“ prüfe; da liegt es! Einfach so!, gleich neben „Darm mit Charm“ – die Buchhandlung steigt irgendwo in meiner inneren Rangliste ein paar Punkte auf. Und dann gehe ich doch mit einem älteren Band Terry Pratchett zur Kasse (nur um im Zug festzustellen, dass ich seine Bücher nicht mehr so gern mag wie früher) – und mit einer Auswahl aus einer neuen Serie Spruchpostkarten. „Ich bin froh, dass ich mein Essen nicht selber jagen muss. Ich wüsste nicht mal, wo Pizzen leben“, und „Da will man mal in Ruhe das ganze Haus putzen und was passiert? Man hat keine Lust“, und „Ich kam, sah, und vergaß, was ich vorhatte“. Postkarten machen einfach glücklich.
Auf der Rückreise – Terry Pratchett in der „Erfurter Bahn“ gelassen, in deren Schienenbussen neuerdings kleine Tauschbuchregale integriert sind (dieses hier enthielt „Störtebecker“ und einen Band Maupassant in alten DDR-Leinenausgaben, und möglicherweise gab es Reisende, die meine Zugabe eine Bereicherung nennen würden) – strande ich in Leipzig und stöbere eine ganze Weile in der stattlichen Ludwig-Buchhandlung herum. Rebeca Solnit gibt es hier nicht, es ist einfach keine Kategorie vorgesehen, in der sie untergebracht werden könnte. Politik? Ethik? Nirgendwo. Oder richtig, richtig gut versteckt. Ganz zu schweigen von Laurie Pennies „Unsagbare Dinge“, in das ich gern einen Blick werfen würde, seit ich gesehen habe, wie das Buch auf Amazon die Leute polarisiert. Stattdessen nehme ich Rachel Macy Staffords „Der Tag, an dem ich aufhörte, beeil dich zu sagen“ zur Hand. Eine Mutter, die die Augenblicke mit ihren Kindern genießen möchte, statt ihren To-Do-Listen hinterherzuhetzen. So weit, so gut – ich erwarte irgendwie, auf einer der ersten Seiten zu lesen, wie sie ihren Beruf aufgibt, um hinzukriegen, was sie sich da so hehr vornimmt, aber dann scheint es doch darauf hinauszulaufen, dann und wann Laptop, Smartfon und Telefon beiseitezulassen. Und als sie sich dazu einmal entschieden hatte, schreibt die Autorin, fing sie gleich an, über ihre Erfahrungen mit diesem Selbstversuch zu bloggen und richtete eine Facebookseite dazu ein. Ach so. Ich lege das Buch wieder beiseite. An der Kasse blättere ich noch ein Weilchen in den vielen Ausmalbüchern für Erwachsene – Zen und Entspannung und Selbstzentrierung und was sie nicht alles versprechen, ein Verkaufsrenner, obwohl ich mir nicht wirklich vorstellen kann, dass irgendjemand die winzig kleinen Flächen der filigranen Muster wirklich ausmalt. Wer hat denn Zeit für sowas?
Dann gehe ich. „Die Fliegenfalle“ lese ich im Zug nach Berlin aus. Ein schönes, unterhaltsames Buch über das Leben und die Schwebfliegen auf einer kleinen schwedischen Insel, die Selbstbeschränkung und diverse Insektenforscher jener goldenen Zeit, in der die Welt noch voller weißer Flecken war, aber bereits die Möglichkeiten bot, diese zu erforschen. Beides – die Wissenschaftler dieser Zeit und das Thema Entomologie – begegnet mir nicht zum ersten Mal in essayistischer Literatur. Beides hat diesen Glanz eines Lebens ohne Handys, Ausmalmandalas, To-Do-Listen und banaler Zugverspätungen; diesen Glanz von Forschung, der unendllich viel Optimismus und Neugier zu Grunde liegt; verwegene Abenteuerlust im Falle der Reisenden und verschrobene Geduld im Falle der zu Hause keschernden Forscher und bei beiden das Streben nach dem Ruhm, eine neue Spezies – sei es eine Pflanze in einem unerforschten Land, sei es eine neue Schwebfliegenart vor der eigenen Haustier – zu entdecken.
Lächelnd – diesen Glanz noch ein wenig in den Augen – packe ich mein Buch ein. Wir kommen in Berlin an. Ab nach Hause.
Zum Einstimmen ins neue Jahr eine Postkarte aus Amsterdam, mit der eine Coaching-Praxis ihre Dienste anpreist: „Lets make better mistakes tomorrow“. Na dann mal los.
Aus dem Jahreswechselurlaub bringe ich fröhliche Postkartengrüße für den Fall mit, dass die Waage nach den Feiertagen ungewöhnliche Ausschläge nach oben zeigt oder die guten Vorsätze (eigene oder fremde) nerven: „Waschbrettbauch? Hatte ich schon. Steht mir nicht.“ Und: „Ich habe meine Ernährung umgestellt! Der Keksteller steht jetzt links vom Computer.“
Von meiner musikalischen Wechselmodellfreundin kommt die erste neue Musik im neuen Jahr: Sarah Blasko läuft im Hintergrund, während ich Mails beantworte und meine Wochenlaufliste schreibe. „We Won’t Run“ und „All I Want“ und andere… schön und „entschleunigt“.
Ein Kinoabend: „Honig im Kopf“. Ich finde es spannend, dass der Film sich mit Alzheimer und Demenz auseinandersetzt und erwarte einen nahegehenden, tränenreichen Kinoabend. Aber meine Taschentücher bleiben trocken, ich verlasse das Kino mit äußerst gemischten Gefühlen. Ja, Dieter Hallervorden spielt den demenzkranken Großvater gut und überzeugend. Und der Film wirbt absolut berechtigt dafür, Menschen mit einer Alzheimer- oder Demenzerkrankung mit Respekt, Liebe und Geduld zu begegenen. Aber! Aber… Ich mag Filme nicht, in denen Kinder Erwachsenenverantwortung übernehmen, alles richtig machen, nebenher noch die Ehe ihrer uneinsichtigen Eltern retten – diese seltsame Mischung aus naiv und oberschlau. Ich mag Filme nicht, in denen die Ehefrau/Mutter am Ende ihren Beruf aufgibt und damit alle Probleme der Familie löst (dass so eine Entscheidung im Film nie zu finanziellen Schwierigkeiten führt, ärgert mich noch dazu schrecklich). Und ich mag Filme nicht, die den Umgang von Männern und Frauen mit ihrer Sexualiät mit zweierlei moralischem Maß messen. Warum wird die Affaire des Mannes nur einmal beiläufig erwähnt, der Racheakt der Frau aber den ganzen Film hindurch immer wieder problematisiert? Und dann kriegt die Frau auch noch die undankbare Rolle, als einzige ein Problem damit zu haben, dass der kranke ater ihres Mannes von einem Tag auf den anderen in den Familienalltag integriert werden muss. Aus Frauenperspektive fällt der Film komplett durch. Schade.
Auf der Suche nach Lektüre fällt mir Michael Holzachs Erfahrungsbericht „Deutschland umsonst“ in die Hand. Das Buch ist schon älter, aber wie der Autor von den Erfahrungen berichtet, die er auf seiner Wanderung von Hamburg nach München – ohne Geld, aber mit Hund – macht, geht mir nahe.
Guillaume Musso: „Vielleicht morgen“ lege ich unzufrieden aus der Hand. Wieso wird nicht erklärt, warum ein Mann und eine Frau mit Hilfe eines Laptops von einem Jahr ins andere kommunizieren können? Stattdessen wird die geheimnisvolle Schreiberei der beiden benutzt, um die Frage zu stellen, was passieren würde, wenn wir die Vergangenheit ändern könnten. Wären wir besser dran? Der Protagonist von „Vielleicht morgen“, der seine plötzlich die Möglichkeit hat, seine vor einem Jahr verstorbene Frau zu retten, mit der er eine seiner Meinung nach perfekte Ehe geführt hat, wäre das jedenfalls nicht. Wäre seine Frau nicht verunglückt, hätte sie ihn an genau demselben Tag ermorden lassen. Ziemlich hanebüchen, das Ganze.
Wie „Ein ganzes halbes Jahr“ von Jojo Moyes beschäftigt sich auch „Das unerhörte Leben des Alex Woods“ von Gavin Extence mit der Frage nach dem selbstbestimmten Sterben. In beiden Büchern geht es um Menschen, denen man ihre Entscheidung, nicht weiterleben zu wollen, glaubhaft abnimmt und nicht verweigern möchte. Und „Das unerhörte Leben des Alex Woods“ ist ein gutes und spannendes Buch. Trotzdem habe ich inzwischen ein unangenehmes Gefühl bei der Art uns Weise, wie diese Debatte literarisch und medial geführt. wird. Ja: Einzelschicksale. Das scheint einfach. Aber was würde es mit uns machen, in einer Welt zu leben, in der aktive Sterbehilfe legal und ganz normal wäre? Würde zu dem Verlust an Selbständigkeit und Würde, den Altern mit sich bringen kann, nicht noch die Demütigung hinzukommen, anderen zur Last zu fallen, die ganz genau wissen – so genau wie man selbst – wie einfach das wäre, ein Anruf bei Dignitas und Co.? Welche Pflegekosten, welche Karriereknicks man seinen Angehörigen ersparen würde? Damit beschäftigen die Bücher sich nicht.
Außerdem lese ich im Netz. Mit viel Interesse bei umstandslos, dem Online-Magazin für feministische Mutterschaft. Über neuartige Familienmodelle. Über Erfahrungen mit dem Versuch einer hälftigen Aufteilung von Elternarbeit. Davon, dass ich kein Einzelfall bin, dass sogar bei einer relativ fairen Aufteilung der Familienarbeit die Frauen diejenigen sind, die die Termine aller Kinder im Kopf haben; die wissen, dass die Socken zu klein sind, wann für die Klausur gelernt und was für den Kindergeburtstag eingekauft werden muss. Noch lieber als bei „Umstandslos“ aber lese ich die Artikel, die bluemilk regelmäßig verlinkt – die Breite und Vielfalt der englischsprachigen feministischen Debatte, gerade über Mutterschaft, finde ich sehr anregend.
Aber die schönste Entdeckung im Netz ist eine poetische. Bluemilk hat vor einigen Tagen eglantine’s cake verlinkt. Seitdem klicke ich am Abend Penni Russons Seite an und verbringe ein paar Minuten mit ihren wunderschönen Texten. Absolute Leseempfehlung!
Einmal am Postkartenständer vorbei: „Es muss nicht immer Sinn machen. Es reicht doch, wenn es Spaß macht.“ Und „Herzrasen“ – schön illustriert mit einem Herzen, in dem wunderbar grünes Gras wächst.
2014 erweist sich als das große Lesejahr der britischen Familiengeschichten. Hier ist noch eine: „The Knot“ von Mark Watson – über einen jüngsten, vom großen Bruder nie recht ernst genommenen Sohn – der sein Leben lang heimlich seine Schwester liebt. Ein heikles Thema. Die Gefühle der Hauptperson einfühlsam beschrieben, nachfühlbar, schwer und traurig – und eingebettet in eine große Lebens- und Familienerzählung, die ich gern gelesen habe.
Skandinavische Krimi-Autorinnen kannte ich keine, bevor ich Camilla Läckbergs „Die Eisprinzessin schläft“ im Umsonstregal entdeckte. Ich bin eine kritische Krimileserin, verwöhnt von Fred Vargas und Elizabeth George – aber dieses Buch hat mir gefallen. Ich mag den typischen schwedischen Krimiton darin (ja, ich finde, Bücher, die aus dem Schwedischen ins Deutsche übersetzt wurden, haben einen speziellen, vielleicht ein ganz klein wenig umständlich wirkenden Sprachstil – so wie auch das Englische seine freundliche Sprachmelodie in vielen Übersetzungen hinterlässt und das Spanische seine düstere Weitschweifigkeit) und ich mag die Hauptpersonen dieses Krimis, einen Kriminalassistenten, eine Schriftstellerin. Und ihre sich anbahnende Liebesgeschichte mag ich auch. Angenehme Winterlektüre!
Literatur mal wieder anders: Beim Kreuzbergslam. Ja, ich höre mir ab und zu gern die Texte an, die mutige Menschen auf offenen Slam-Veranstaltungen vorlesen. Und bilde mir meine ganz personliche Theorie des Slams: A) Die Szene ist klein, wer häufiger liest, kennt sich B) Frauen wollen in ihren Texten oft tiefsinnige Dinge ausdrücken (sehr sympathisch!), können aber häufig schlecht vortragen C) Männer denken sich oft ziemlich inhaltsleeren Nonsense aus, lesen den aber in der Regel mit viel Selbstbewusstsein und Witz vor D) Dem Publikum gefallen – warum auch immer – oberflächlich-witzige Texte besser als tiefsinnige. Beim Kreuzbergslam im Dezember ist die Vielfalt an Texten und Themen groß. Es geht um die böse Leistungsgesellschaft, einen Oktoberfestbesuch mit Freunden, eine Zombie-Apokalypse, ein armes Huhn, dass es mit dem Tod bezahlt, seinen eigenen Kopf zu haben, einen Soldaten, der seine Kriegserlebnisse nicht verarbeiten kann, um Magersucht, um Erlebnisse in der Herrensauna und um Kaffee. Verdient gewinnt „der Schwabe“ Hanz mit einem Text über Paartheraphie, der im Gegensatz zu den anderen beiden Finaltexten sogar lustig ist. Und als zwischendrin andere Veranstaltungen angekündigt werden, fällt der Name der Slammerin, deren Art zu lesen sich auch für den Paddington Bären so gut eignet (und der ich wirklich, wirklich gerne zuhöre, weil sie einfach verflixt gut liest): Sarah Bosetti.
Weihnachtstage sind Filmtage:
„#Zeitgeist“ im Kino schaue ich mir an, weil ich die Frage spannend finde, was die Veränderung unserer Kommunikationsmöglichkeiten und – wege mit uns macht, all das Gesimse und Gewhatsappe und Geyoutube und dergleichen. Der Film versucht sich weniger als vermutet an einer umfassenden Antwort auf diese Frage. Aber ich sehe jede Minute der sensibel erzählten Geschichte über die alten Probleme des Erwachsenwerdens und die alten Probleme des Erwachsenseins – und die Versuche, sie eben auch mit Hilfe von Internet und Smartfon zu bewältigen – gern.
Und aus der Videothek: „Me too“ ist die Geschichte eines Mannes mit Down-Syndrom, der ein Studium abschließt, eine Arbeitsstelle antritt und sich in eine Kollegin – eine „normale“ – verliebt. Noch eine schön erzählte Geschichte, die nicht alle Fragen beantwortet, aber ein paar wichtige stellt.
Für die Kinder gibt es die Verfilmung von „Gregs Tagebuch 1“. Endlich kriege ich mal richtig mit, was der Neunjährige bändeweise verschlingt (irgendwie werden diese Bücher ja schneller geschrieben, als mein Sohn sie lesen kann, immer, wenn ich denke, er hat jetzt alle Folgen, sind schon wieder zwei neue erschienen). Ja, ich verstehe, dass mein Sohn Spaß an den Schulerlebnissen von Greg hat. Und dass er manches Detail des amerikanischen Middleschoolalltags besser versteht, weil ich beim Filmgucken erklären kann, schadet vielleicht auch nicht. Mehr weihnachtliches Kinderkino, erfreulich frei von Grusel und Action: Die guten alten „Kinder von Bullerbü“.
Ausgelesen: „The Philosophy of Punk“ von Craig O’Hara. Die eine oder andere Bildungslücke geschlossen.
Und ganz nebenher stimme ich mich auf den Jahreswechsel und das Fassen guter Vorsätze mit einer Postkarte von Beck ein, die mein Adventskalender mir beschert hat. Die Yogalehrerin zu ihrem mehr als kräftig gebauten Schüler, der mit hochrotem Kopf auf der Matte liegt: „O.k. Herr Günter, o.k. Wenn es keine Kerze wird, versuchen wir wenigstens ein Teelicht.“
„Die wichtigste Technologie ist Zuhören“, steht auf einer meiner aktuellen Postkarten. „Die Zukunft hat es sich anders überlegt“ auf der anderen. Mal sehen, was ein Monat unter diesen beiden Überschriften so bringt. (Jetzt weiß ich es…)
November ist Kino-Monat: „Monsieur Claude und seine Töchter“ läuft auch noch, obwohl die DVD schon erhältlich ist. Verlässlich lustiges französisches Kino, die Geschichte ausreichend ausgesponnen, obwohl sie zu meiner Enttäuschung erst richtig einsetzt, als Monsieur Claude schon drei seiner vier interkulturellen Schwiegersöhne bekommen hat; der Humor gerade noch auf der richtigen Seite der Grenze zum Klamauk und das Ende zwar vorhersehbar, aber dann doch schön in seiner Versöhnlichkeit. Und wenn sie nicht gestorben sind…
Und gleich nochmal ins Kino: „Pride“, noch ein Märchen, aber eins, das wohl einen wahren Hintergrund hat. Wir haben die 80er Jahre, in den walisischen Bergwerken wird gestreikt, Maggie Thatcher lässt die Polizeit hart gegen die streikenden Bergarbeiter vorgehen – und in London gründet sich eine lesbisch-schwule Gruppe, die die Streikenden unterstützen will. Feines britisches Kino, das über das Aufeinandertreffen zweier recht – äh – verschiedenartiger Lebens- und Denkweisen eine großartige lustige traurige Geschichte erzählt. Sehr schön.
Im Briefkasten der neue Remember-Katalog. Der mit den vielen bunten Farben und den vielen geometrischen Formen… Aber da ich inzwischen schon alle wirklich gut passenden Frühstücksbrettchen verschenkt habe und der Katalog sich eh mit immer teureren Produkten füllt, wird dieses Jahr nichts gekauft. Aber eine Freude fürs Auge bleiben sie doch, die vielen bunten Sachen.
Mit der S-Bahn fahre ich ein paar Tage lang nach „Small-Town-America“. Der Journalist Bill Geist erzählt in „Aberwitziges Amerika“ Geschichten aus amerikanischen Kleinstädten, irgendwo in der Provinz, im Niemandsland. Und zum Teil sind diese Geschichten wunderbar und skurril: Von dem Mann, der Präriehunde mit einem Kanalsauger einfängt; von dem Ort, der so klein ist, dass er eine Stehparade abhält, um die die Zuschauer herumlaufen müssen; oder von der „Hauptstadt der Wassermelonen“ und dem jährlichen Melonenfest, bei dem die schwerste Frucht prämiert, die neue Melonenkönigin gekürt und ein Melonenkernweitspucken zum großen Ereignis wird. Schön, lesenderweise diese Orte zu besuchen. Und dann doch mit dem zugeklappten Buch in der Hand in Berlin aus der Bahn zu steigen.
Neue Postkarte für schlechte Tage: „Lächle und geh weiter. Du kannst sie nicht alle umbringen.“
„The Stone Diaries“ von Carol Shields – wieder so eine lesenswerte Kanadierin, oder jedenfalls Autorin, die lange Zeit in Kanada lebte und schrieb. In diesem Roman erzählt sie ein Frauenleben, ein ziemlich gewöhnliches, etappenweise von der Geburt 1905 bis zum Tod ungefähr Ende der 80er Jahre. Ein ganzes Leben mit seinen großen Themen, mit guten und schlechten Zeiten und mit seinem Ende so vor Augen geführt zu bekommen, stellt viele Fragen in den Raum: Was macht ein Leben aus? Wann ist es ein gutes Leben? Und: Was bleibt? – Es lohnt, nachzudenken. Und dieses Buch zu lesen.
Die Bauanleitung zum Hochbett „Frieda“. Erst Teil Z6 in Teile A, C, F, G, H, I und J stecken. Teil Z18 kommt natürlich zu Teil K. Und dann werden die Kopfteile mit Z1, Z4 und Z5 an den Seitenteilen befestigt. Alles klar? Was als kleines zwei-Stunden-Projekt gedacht war – „Kinder, heute bauen wir das neue Hochbett auf“ – endete als Wochenaufgabe, an der mehrere Freunde mithelfen mussten. Aber jetzt ist es eingeweiht, das schöne neue Möbel.
Eine feine, kleine Ausstellung: „Wedding – Kunst pur 2014!“ im Rathaus Wedding (noch bis 1. November). Eine bunte, spannende Zusammenstellung von Fotos, Bildern und Skulpturen mit „irgendwie wedding-typischen“ und ganz überraschenden Kunstwerken: Susanne hat Glasobjekte zum Thema „Fliegen“ beigesteuert; ein großer Kreis aus Salz mit einem Hocker mittendrin lässt die Besucher zwischen ihrem Wunsch, den Kreis zu betreten und sich auf den Hocker zu setzen und ihrem Respekt für das Kunstwerk schwanken; und zwei riesige Wandbehänge – meine Lieblingsstücke dieser Ausstellung – zeigen ganz unterschiedliche Frauenbilder, die von dem sie umgebenden Patchwork aus textilen Aufschriften kommentiert werden. Ganz sehenswert!
Stefan Moster: „Die Frau des Botschafters“ – eine Besprechung hatte mich auf dieses Buch aufmerksam gemacht – auf die Fremdheit, die die Frau des fiktiven deutschen Botschafters in Finnland empfindet, und auf ihre abenteuerliche Reise, die sie unternimmt, um ihrem erblindenden Sohn das Licht des Nordens zu zeigen. Ich bin nicht sicher, warum ich so recht nicht in der Geschichte angekommen bin, obwohl der Umgang des Autors mit der Sprache mir sehr gut gefallen hat: Lag es daran, dass mit – so habe ich es empfunden – viel Distanz zu den Figuren und ihren Gefühlen erzählt wird? Dass ich mir ein Botschaftergattinnenleben so garnicht vorstellen kann? Oder daran, dass der Roman viele große Themen berührt, ohne sie breiter auszuführen?
Amélie Nothomb war mir bisher nur dem Namen nach vertraut. Jetzt fiel mir ihre „Biografie des Hungers“ in die Hände. Wie genau sich die Autorin die Gefühlswelt des Kindes und der Jugendlichen vergegenwärtigt, die sie erzählen lässt, hat mich erstaunt. Und ein wenig erschreckt.
Und mehr von meiner aktuellen Lieblingsautorin Scarlett Thomas: „Troposphäre“. Stell Dir ein Computerspiel vor, dessen Programmcode es erlaubt, dass die Figuren sich entwickeln und – zufällig – Bewusstsein entsteht. Woraus wären ihre Gedanken? Aus den gleichen Nullen und Einsen, aus denen auch das Computerprogramm besteht, in dem sie sich bewegen. Und was wäre, wenn einige von Ihnen in der Sprache zu denken fähig wären, in der ihr Spiel programmiert wurde? – Was ist Bewusstsein, woraus besteht es, und: was wäre, wenn wir in das Bewusstsein anderer Menschen hineinsehen könnten? Um diese Fragen geht es in Scarlett Thomas`Roman. Da ich ihre Art, wissenschaftliche Erkenntnisse und philosophische Gedanken, übersinnliche Phänomene und „greifbare“ Figuren zusammenzuspinnen, mag, folge ich ihr gern auch in die Troposphäre. Und schaue hinterher irgendwie anders auf die Welt. Woraus bestehen Bäume, Häuser – und Gedanken? Aus Elektronen und Quarks? Oder?
Mal wieder eine Postkarte – aus einer der Serien, mit denen ich eigentlich nicht so viel anfangen kann. Aber diese ist allemal für ein Lachen gut, mit dem großäugigen Hündchen mit rosa Frisur und dem Spruch: „Alt genug, um es besser zu wissen. Jung genug, um es wieder zu tun.“
Mein Urlaubsbuch (war ja nur eine Woche): „Going Out“, wieder von Scarlett Thomas. Ich liebe diese Schriftstellerin – ihre kluge Art, große Fragen aufzuwerfen; ihre Geschichten, in denen die Protagonisten ständig irgendwo herumsitzen und reden und die trotzdem nicht langweilig werden. In diesem Buch erzählt sie vom Eingesperrtsein im eigenen Leben – von Luke, der, inzwischen über 20 Jahr alt, wegen seiner Allergien gegen Sonnenlicht und alles mögliche mit sechs Jahren zum letzten Mal – kurz – das Haus verlassen hat; von Julie, die ihre Schulabschlussprüfungen geschmissen hat, um in Lukes Nähe zu bleiben, die in einem Fastfood-Restaurant kellnert und inzwischen von ihren Ängsten – vor Hauptstraßen, schädlichen Nahrungsmitteln, Gewittern, Flugzeugabstürzen und dem Tod – in einem Leben festgehalten wird, das nicht sehr viel größer erscheint als das Zimmer, in dem Luke seines führt. Und dann brechen sie doch aus – beide. Ein ziemlich berührendes und ermutigendes Buch für Menschen, die – wie ich – auch gerne mal wieder aus den Bahnen rauskommen würden, in denen das eigene Leben sich festgefahren hat.
„Falsche Papiere“: Eine Besprechung dieses Buches bei Buzzaldrins Büchern hat mich neugierig gemacht. Und die Essays von Valeria Luiselli haben auch mir großes Lesevergnügen bereitet. Zwar reist die Autorin nicht – wie ich vermutete, nachdem ich verschiedene Besprechungen gelesen hatte – um die Welt, sondern ist überwiegend in Mexiko Stadt unterwegs. Ihre Gedanken gehen dabei aber wunderbare Wege überallhin (besonders beeindruckend: ihre Gedanken zur Aneignung der Sprache, die ihrer Meinung nach einhergeht mit einem Verlust an Unmittelbarkeit zur Welt) und schenken den Lesern ihres Büchleins ihren ganz persönlichen Blick auf Mexiko Stadt, den man so leicht auf keiner touristischen Reise bekommen würde. Wunderbar. Mehr Essays! Warum habe ich diese literarische Gattung nicht eher entdeckt?
Und noch ’ne Postkarte, wie für mich gemacht: „atme tief ein… es ist nur ein schlechter tag, nicht ein schlechtes leben“ Jawohl!
Warum wollen gerade so viele Leute Bücher von Mark Haddon loswerden? Ich hatte ja schon „The Curious Incident With the Dog in the Nighttime“ gefunden und „A Spot of Bother“ – und nun noch eins: „The Red House“. Wieder ein „Familien-Buch“ – die Geschichte einer Urlaubswoche, zu der ein Mann (mit neuer Frau und pubertierender Tochter) seine ihm schon lange fremd gewordene Schwester (mit Mann und halbwüchsigem Sohn und Teenage-Tochter und kleinem Sohn) einlädt. Wieder schlüpft der Autor in jede seiner Figuren und erzählt aus ihrer Perspektive von ihren Gefühlen, Sorgen und Kämpfen – und davon, was geschieht, wenn Menschen so – fern vom Alltag – mit all ihren inneren Konflikten aufeinandertreffen. Kein besonders fröhliches Buch. Aber wieder ein richtig, richtig gutes. Wie macht der Autor das bloß, sich in seine so verschiedenen Figuren und ihre so vielfältigen Gefühle derartig einzufühlen? Das kann nicht jeder.
Hmmm, wie fang ich den neuen Monat an? Mit „Glück“ aus der Postkartenreihe von Tom Bäcker vielleicht? Heute habe ich aus seiner Serie eine entdeckt, die ich noch nicht kannte: „Ich will keine Winter mehr.“ Wo kann ich unterschreiben? (…und weil ich jetzt zwei Monate lang für diesen Beitrag gesammelt habe, ist diese Unterschriftenaktion nicht mehr gaaaanz aktuell, macht aber nix)
An Wolfgang Herrndorfs „Arbeit und Struktur“ habe ich mich noch nicht herangetraut. Aber „Sand“ und „Tschick“ sind mir in diesem Monat beide in die Hände gefallen. Ich lerne einen Autor kennen, von dem ich gern mehr gelesen hätte.
Im Radio schnappe ich den Namen „Frank’s Daughter“ auf. Und bin auch beim Wiederhören in der Mediathek begeistert. „Fall fully backwards“ ist die perfekte Musik für die müden Momente vor dem Schlafengehen. Nur drei Lieder scheint es derzeit von Franks Daughter zu geben. Hoffentlich werden es mehr.
Große Literatur, große Erzählkunst: Amos Oz war mir bisher nur dem Namen nach bekannt – jetzt habe ich „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ gelesen und bin beeindruckt davon, wie der Autor die Geschichte seiner Familie und seines Aufwachsens im Jerusalem der 40er Jahre erzählt – und davon, wie er zu dem geworden ist, der er ist, menschlich und schriftstellerisch.
Passt eigentlich garnicht dazu, ist aber zuverlässig lustig und entspannend: Max Golds in dem Band „Ä“ gesammelte Kolumnen.
Und eine wiedergefundene Kindheitserinnerung: Ach, sag ich zu meinem Vater, früher gab es in Deinem Bücherregal so ein Buch über Gärtnern, mit so lustigen kleinen Zeichnungen drin, Gemüse mit Gesichtern und so… Jaja, sagt mein Vater, das liegt bei mir im Garten rum. Und dann bringt er mir gleich beide Bände mit. Franz Böhmig: „600 Ratschläge für den Gemüsegarten“ und „300 Ratschläge für den Gewürzkräutergarten“. Die beiden gehören zu den ersten Büchern, die ich heimlich aus dem Bücherregal meiner Eltern im Wohnzimmer holte und in aller Ruhe betrachtete. Noch vor dem Giftpflanzenbuch und Meyers dreibändigem Lexikon. Jetzt blättere ich aufgeregt die vergilbten Seiten auf und freue mich wie eine Schneekönigin, als ich die lachenden Radieschen wiederfinde, die Auberginen, die sich im Windschatten sonnen und die Möhrenfamilie, in der der dicke Papa das kleinste Kind liebevoll auf dem Arm trägt. Oh wie schön! Bestimmt lerne ich jetzt – ganz nebenbei – was ich auf dem Balkon beachten muss, damit meine Radieschen auch lachen.
Und jetzt muss ich eine Ausnahme davon machen, hier nur über Dinge zu schreiben, die ich selber gesehen oder gelesen oder gehört habe… Denn eine Chance, die wunderbaren Arbeiten von Annette Schröter zu sehen, habe ich gerade nicht. Ihre Ausstellung in Erfurt – von der meine große Schwester mir begeistert Fotos gezeigt hat – ist vorbei. Dabei würde ich zu gern einmal vor ihren riesigen, immer spannenden, technisch absolut bewundernswerten Scherenschnitten stehen, von denen mich schon die Fotos und die im Internet auffindbaren Bilder begeistert haben.
Kräftig Rosarot leuchtet der Fisch auf meiner neuen Lieblingspostkarte – und rosarot sein Spiegelbild. Die Karte stammt aus dem Buchstabenmuseum, in dem zwei engagierte Frauen Schriftzüge und Buchstaben sammeln, mit denen Firmen oder Geschäfte geworben haben und die Geschäftsaufgaben, Insolvenzen oder einer neuen Corporate Identity weichen mussten. Der – im ganzen und mit Fischen – erhaltene Schriftzug „Zierfische“ ist eines ihrer besonders schönen Ausstellungsstücke. Ein sehenswerter, skurriler Ort in Berlin, eine schöne Art, Stadtgeschichte zu erzählen.
Meistens sind Bücher mit Anleitungen für kreative Techniken ja was zum Schönstehen, zum Blättern und zum sehnsüchtigen Seufzen. Ach, wenn ich mal Zeit hätte… Und das ganze Material… Auch Susanne Hauns Buch „Holz- und Linolschnitt“ gehört zu denen, die man gern anschaut – sehr schön gestaltet ist es und mit vielen Beispielbildern illustriert. Aber seit wir das Linolschneiden selber ausprobiert haben, weiß ich, dass dieses Buch nicht im Regal verstauben wird; dass wir es gerne dann und wann zum Nachschlagen nutzen werden – denn alles wird darin Schritt für Schritt ganz einfach erklärt. Mit diesem Buch kriegen sogar wir Anfänger das hin.
Wir haben in diesem Monat nicht nur Kunst gemacht, sondern auch gespielt. Viiiiel gespielt. Der Fünfjährige darf bei „Verrücktes Labyrinth“ noch nach den Kinderregeln schieben. Und beim „Malefiz“ wird er eben nicht ganz so gnadenlos rausgeschmissen. Dann spielt er beides schon gerne – der Neunjährige ja sowieso. Aber eine echte Neuentdeckung für mich ist „Fang den Hut“. Ach, was haben wir Spaß daran, einander über das Feld zu jagen und einen möglichst hohen Turm mit Gefangenen ins eigene Haus zu verschleppen! Kinder im Familienspielealter zu haben, ist einfach klasse. Und dass ich mich gerne zu einer kleinen Spielerunde überreden lasse, wissen die beiden inzwischen ganz genau.
In der S-Bahn haben mich in diesem Monat allerlei Kolumnen unterhalten. Nicht ganz neu, aber immer noch schön: Julia Karnicks beste Brigitte-Kolumnen „Einerseits ist alles ganz einfach“ genauso wie“Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut“ von Stefan Schwarz, der für das Magazin schreibt. Familienalltag einmal aus Frauen- und einmal aus Männersicht. Zum Lachen – Tränen lachen! – sind beide.
Und noch ein ernsthaftes Buch – geschrieben hat es Andrew Sean Greer – das voller Leichtigkeit eine ganz ungewöhnliche Geschichte erzählt. „Die erstaunliche Geschichte des Max Tivoli“, der mit dem Körper eines alten Mannes geboren und im Laufe seines Lebens immer jünger wird. Und die Geschichte seiner großen, lebenslagen Liebe zu einer Frau, der er immer wieder begegnet. Sehr schön.
Brandneue wissenschaftliche Erkenntnisse zum Jahresbeginn! – und gleich mehrere Frauen im Kopf, denen ich mit dieser Postkarte eine kleine Freude machen könnte: „Männer schnarchen, um Frauen nachts vor wilden Tieren zu beschützen.“
Ein selbstausgesuchtes Weihnachtsgeschenk: Mario Giordanos „1000 Gefühle, für die es keinen Namen gibt“. Höchstes Lesevergnügen: Weil in dieser wild zusammengestellten Gefühlsliste nicht nur ganz viele Wiedererkennungseffekte (von „Die Scham über das eigene Desinteresse an Politik“ bis zu „Entzückung über einen vollkommenen Pilz“) stecken, sondern auch allerlei Lacher („Die Sorge, an Anatidaephobie (der ständigen Angst, von Enten beobachtet zu werden) zu leiden“). Man kann garnicht anders: Ich habe sofort angefangen, selber eine kleine Liste zu führen. Erster Punkt auf dieser Liste, noch vor meinem Lieblingsgefühl „Übermut beim Verfassen von sehr, sehr langen eMail-Betreffzeilen“, ist „die Traurigkeit, dass niemand da ist, dem ich jeden Abend im Bett aus diesem Buch vorlesen kann.“
Noch mehr Gefühle, auch hier mindestens 1000: Alice Munroe beschwört sie mit Leichtigkeit herauf, genauso, wie sie mit Leichtigkeit Bilder entstehen lässt: Von den heißen, staubigen Orten, an denen ihre Geschichten spielen, und von den Menschen, die da leben, von denen sie erzählt. Ich habe mit „Tanz der seligen Geister“ angefangen – und finde, dass sie den Nobelpreis sehr, sehr verdient erhalten hat.
Endlich wieder ein Buch, bei dem wir uns jeden Abend aufs Vorlesen freuen – vielleicht auch deshalb, weil ich es so liebe: „Mein Urgroßvater und ich“. James Krüss veraltet irgendwie nicht, die vielen Geschichten und Gedichte rund um das Thema „Sprache“ machen einfach Spaß.
An „Drachenläufer“ von Khaled Hosseini habe ich mich lange nicht rangetraut. Afghanistan ist so weit weg, und können da andere als zutiefst traurige Geschichten spielen? Und das Buch geht wirklich nahe. Aber die Geschichte ist wunderschön erzählt, ruhig und voller Bilder. Als ich einmal mit dem Lesen begonnen hatte, wollte ich weiterlesen, bis zum Ende, an dem man atemlos ein wenig Hoffnung schöpft. Jetzt habe ich Bilder von Städten im Kopf, die vorher nicht mehr als Orte waren, an denen Radionachrichten spielten. Auch das ist schön.
Zu manchen Büchern sollte man sich den Film nicht anschauen – weil die eigenen Bilder im Kopf viel schöner sind. Jetzt weiß ich, dass es den umgekehrten Fall auch gibt. „Die Brücken am Fluss“ ist ein Film, den ich seit langer, langer Zeit liebe – mein Inbegriff einer ganz großen Liebesgeschichte. Wusste bisher gar nicht, dass das eine Buchverfilmung ist, und die – manchmal ganz schön bemühte – Beschreibungen der Hauptpersonen, ihrer Gefühle und ihrer Geschichte in dem Roman von Robert James Waller bleiben weit, weit hinter den Vorstellungen zurück, die ich mir zu den Bildern des Films gemacht hatte. Ok, wieder was gelernt…
Hörspiele mögen meine Kinder meistens nicht. Die erste Ausnahme ist „Mama Wulle – noch ne Erpelgeschichte“ von Marieluise Ritter, das wir aus irgendeinem Cousinenfundus geerbt haben. Die Geschichte von dem sehr, sehr faulen Enterich, der dann doch ein guter Papa wird, ist nett erzählt – mit einem ironischen Unterton, der sich an erwachsene Zuhörer wendet, meine Kinder aber nicht gestört hat. Gute Kindergeschichten machen eben auch den Großen Spaß.
„Nils Karlsson Däumling“ von Astrid Lindgren lieben meine Kinder auch gerade – das muss ich immer wieder vorlesen. Und dann erzählen wir vor dem Gutenachtsagen noch ein bisschen: Was wäre, wenn der Däumling bei uns wohnen würde? Ob er sich eine Wohnung in der Spielküche einrichten würde? Würde er sich in der richtigen Küche ein Hustensaft-Dosierbecherchen mopsen und unter dem Tisch Krümel für sein Frühstück aufsammeln? Würde er im Playmobil-Müllauto des Fünfjährigen herumfahren?
Abgerundet wird mein in diesem Monat ziemlich vermischtes Leseprogramm von Max Goldt – „Texte aus den in die Vergessenheit entlassenen Büchern ‚Quitten‘ & ‚Kugeln‘“. Auf den etwas absonderlichen Humor dieser Texte musste ich mich erst mal einlassen – aber ob sie nun zum Ende des Buches immer besser werden oder ich mich einfach nur eingelesen hatte: Je länger ich las, desto mehr habe ich gelacht. Auch darüber, dass ich manchmal nicht sicher war – dann, wenn ich eigentlich nicht lachen, sondern zu dem, was ich da las, heftig nicken wollte – ob ich zu den Leuten gehöre, über die sich Max Goldt da so ausgiebig lustig macht.