Gesehen, gelesen, gehört… im November

Den November beginne ich ganz häuslich. Die Postkarte, die jetzt hier auf meinem Schreibtisch steht, zeigt zwei Füße in Wollsocken. Die stehen auf einer Waage. Auf der Digitalanzeige steht: „Du bist schön“. – Jaaaa!

Und nebenbei läuft Musik von Tired Pony, die ich vor allem gekauft habe, weil ich den Bandtitel so schön finde, müde, wie ich selber grade so oft bin. Das Album „The Ghost of the Mountain“ stellt sich als sanfte, ein wenig melancholische Musik heraus. „I just wanna be the man you come home to every night“ singt Gary Lightbody. Sowas will ich hören. Vor allem im grauen November.

Bea hat mir „Die italienischen Schuhe“ von Henning Mankell empfohlen – und auch gleich ausgeliehen. Ja, sie ist schön, und trotz des unverkennbar melancholischen Tons, in dem Mankell schreibt, auch hoffnungsvoll, diese Geschichte von einem alten Arzt, der sich jahrelang auf einer Insel verkriecht – bis eines Tages die Frau, die er als junger Mann geliebt und verlassen hat, seine Einsamkeit stört und von ihm verlangt, ein damals gegebenes Versprechen einzulösen. Das karge, einsame Leben eines Sonderlings, in das Lebendigkeit zurückkehrt – immer wieder der Stoff für wunderbare Geschichten. Auch hier.

Zu spanischen und lateinamerikanische Schriftstellern habe ich ein eher distanziertes Verhältnis. Vielleicht schreiben sie ja nicht alle dicke Romane voller Düsternis und Melodrama, aber „Das Spiel des Engels“ von Carlos Ruiz Zafón – ein Zufallsfund aus der „Villa Libris“ – einer zum Buchtauschhäuschen umfunktionierten Telefonzelle – bietet ziemlich genau die Zutaten, die ich in einem dicken, aus dem Spanischen übersetzen Wälzer vermuten würde: Finstere Gassen und Straßen (es sind die Barcelonas zu Anfang des 20. Jahrhunderts, das Buch gehört, wie Wikipedia weiß, zu einer auf vier Bände geplanten Reihe von Barcelona-Romanen) schaurige Friedhöfe, ein Teufelspakt, eine geheime Bibliothek der vergessenen Bücher, ein fluchbelegtes Haus, eine unendlich tragische Liebe und blutige Verbrechen. Schon spannend. Schon faszinierend. Aber… alle vier werde ich vielleicht trotzdem nicht lesen.

Welch ein Glück: Sie hat noch mehr geschrieben! „Alles, was das Leben ausmacht“ ist eine Sammlung „plaudernder Feuilletons“ – oder „Leichtfertiger Essays“, wie der Untertitel sie nennt – von Anne Fadiman. Auch wenn nicht alle ihre Texte – über Schlaflosigkeit, Kaffee, Charles Lamb, literarische Weltanschauungskrige, Colerige, die Post und das Sammeln von Schmetterlingen, zum Beispiel – gleich faszinierend sind: Sie kann es einfach. Klug, lustig, unterhaltsam, lehrreich, plaudernd und leichtfertig schreiben. Mehr davon, bitte!

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