Habe ich Hindi Zahras CF „Handmade“ hier schon erwähnt? Vor ein paar Tagen habe ich sie aus meinem Regal gezogen und lasse mich seitdem von ihr begleiten – schön!
Fundstücke aus der „Villa Libris“ – einer zum Buchtauschort umfunktionierten Telefonzelle:
Klaus Kordon: „Krokodil im Nacken“ – ein Jugendbuch, meint meine Besuchsfreundin, aber so habe ich es garnicht empfunden. Ein DDR-Buch, die Geschichte eines Mannes, der wegen einem Fluchtversuch in Haft sitzt und sich erinnert. An seine Kindheit im kriegszerstörten Ost-Berlin. Seine Jungend in einem sozialistischen Jugendheim. Den Mauerbau und die vielen Freunde und Bekannten, die die DDR verlassen – und davon, wie auch er und seine Frau zu dem Entschluss kommen, in diesem Land nicht mehr leben zu wollen. Für mich – weil ich ganz andere Ausschnitte aus dem DDR-Alltag, aus dem DDR-Kinder-Alltag, erlebt habe – eine spannende Lektüre. Auch wenn der Stil – aber eigentlich ist das sehr passend – mich oft an Bücher des „sozialistischen Realismus“ erinnert hat.
Anne Delbeé: „Der Kuss. Kunst und Leben der Camille Claudel“. Faszinierend, erschütternd, finster – die Lebensgeschichte einer bedeutenden Bildhauerin, die mir garnicht bekannt war. Sie schafft großartige Werke, ist die Geliebte von Rodin, den sie inspiriert, der sich aber nie für ein Leben mit ihr entscheidet, leidet Entbehrungen und Einsamkeit, arbeitet hart und endet schließlich – für 30 Jahre ihres Lebens, bis zum Ende – in einer Anstalt, psychisch zerrüttet und krank. Eine grausige Geschichte, aber es lohnt sich, diese Künstlerin zu kennen. Ihre Plastiken – vor allem „Der Walzer“ hat es mir angetan – sind wunderbar.
Kunst gesehen! Die „Anonymen Zeichner“ – ein schönes Projekt an einem schönen Ort, dem kleinen Pavillon in den Milchhöfen. Dreimal für je einige Tage wurden dort Zeichnungen in A4-Größe gezeigt, ohne Namensnennung. Dreimal Staunen darüber, wie vielfältig und verschiedenartig Zeichnungen sein können, dreimal Lieblingswerke (Kunstsammler müsste man sein) und andere, mit denen ich nichts anfangen konnte, dreimal Vergnügen. Schön!
Urlaubsvorbereitungen (I): Weil im uralten Baedecker-Reiseführer meines Vaters ganz schön viel vom EU-Beitritt Portugals in den 80er Jahren die Rede ist, brauche ich eine bessere Einstimmung auf Lissabon (Hurra! Urlaub!). Eine literarische. Schließlich hat es – vielleicht – sogar etwas mit dem „Nachtzug nach Lissabon“ zu tun, dass ich da mal hinwill. Also lese ich Sylvia Roths Erfahrungsbericht „Ein Jahr in Lissabon“ – mit viel Vergnügen an ihren Beschreibungen der Sprache, mit der sie kämpft, der Freunde, die sie findet, der portugisischen Lebensweise, die sie kennenlernt, der kleinen Imbisse und Friseurläden und der kleinen Schwimmhalle, in der sie nur mit einem geschlossenen Badeanzug ins Wasser darf… Wagenbachs „Lissabon – Eine literarische Einladung“ macht mir weniger Spaß, weil ich zu dem einen oder anderen Text – obwohl die eigentlich ganz schön ausgewählt verschiedene Aspekte der Geschichte und des Lebens in Lissabon thematisieren – einfach keinen Zugang finde, zu viel Düsternis und freimaurerische Geheimniskrämerei. Macht nix. Denn jetzt werde ich die Stadt bald selbst sehen. Und mir mein eigenes Bild machen.
Urlaubsvorbereitungen (II): Und was werde ich im Urlaub lesen? Weil ich gelegentlich zur Maßlosigkeit neige, bringe ich gleich drei Bücher aus dem Laden mit. Und schlage das erste in der S-Bahn schon mal auf. Ach, ist das schön! Natürlich ist Jojo Moyes‘ „Weit weg und ganz nah“ ein Frauenschmöker durch und durch, ein Gutfühlroman mit den üblichen Zutaten (alleinerziehende Mutter – große Probleme – Mann in Lebenskrise – Annäherung der beiden bei der gemeinsamen Bewältigung von kleineren Katastrophen – hoffnungsvolle Liebesgeschichte – schreckliche Konflikte, die das Happyend bis zur letzten Minute hinausschieben). Meistens nervt mich das. Hier nicht. Irgendwie trifft diese Autorin – von der ich auch „Ein ganzes halbes Jahr“ schon sehr gemocht habe – den richtigen Ton. Erst Mitternacht lege ich das Buch – halb gelesen – aus der Hand. Das ist lange nicht mehr vorgekommen.